Arnold Schönberg an David Josef Bach, 15. November 1901

Vor kurzem konnten wir für unser Archiv einen Brief Arnold Schönbergs an seinen Jugendfreund David Josef Bach erwerben. Das Dokument bezieht sich auf die bevorstehende Übersiedlung des Komponisten nach Berlin Ende 1901.

Im Frühjahr 1901 wurde die Theaterszene Wiens durch Ernst von Wolzogens Berliner Kabarettbühne »Überbrettl«, die am Carltheater gastierte, wachgerüttelt. Durch das Auftreten Wolzogens wurden auch Weichen für den Export Jung-Wiener Tondichter in die deutsche Hauptstadt gestellt. Arnold Schönberg, der mit einigen »Brettl-Liedern« die Aufmerksamkeit Wolzogens erlangt hatte, folgte per Dezember 1901 dem Ruf nach Berlin und trat am »Überbrettl« die Stelle eines Kapellmeisters an.

Nach der standesamtlichen Trauung in Pressburg am 7. Oktober 1901 hatte Schönberg Mathilde Zemlinsky, die Schwester seines Freundes Alexander Zemlinsky, am 18. Oktober 1901 in Wien kirchlich geheiratet. Das Stellenangebot aus Berlin kam mehr wie gelegen, zumal die Geburt des ersten Kindes bevorstand und sich die junge Familie daher mit höheren Lebenshaltungskosten konfrontiert sah.

Drei Wochen nach der Hochzeit mahnte David Josef Bach eine »kleine Wunschliste von Gegenständen« ein, die seinem Freund Schönberg »am meisten zusagen würden« (Brief vom 10. November 1901). Offensichtlich war das richtige Hochzeitsgeschenk noch nicht gefunden. Schönberg antwortete:

Freitag [15. November 1901]

Lieber Bach, wir sind bis Ende December hier, da mein Engagement vom 1. Jänner 1902 beginnt. Wir werden dann zur Uebersiedlung den Spediteur benützen, deshalb kommt es nicht darauf an ob wir ein Stück mehr oder weniger mitnehmen. Wenn wir beide also diese Dummheit des Geschenkmachens (= resp[ektive] annehmens) schon mitmachen, so ist es mir lieber hier, als in Berlin, damit ich dort nicht gleich compromittiert auftrete. Uebrigens ist es dir wohl auch egal, wie ich das begründe. Du siehst ich habe keine Ahnung, wie man sich vis à vis d'une belle situation benimmt. Vielleicht kannst du doch noch einmal zu mir kommen, da ich gerne noch manches über Berlin erführe. Vielleicht giebst du mir irgendein Rendez-vous. Aber theile mir mit, wann es dir möglich wäre bei uns zu Mittag zu sein.

Besten Gruß

Arnold Schönberg
IX. Porzellang. 53

PS. Wegen der Rosé Karte werde ich schauen

Das Postscriptum bezieht sich vermutlich auf ein bevorstehendes Konzert des Rosé-Quartetts (späteres Uraufführungsensemble von Schönbergs Opus 4).